Aber bitte mit Hoffnung!

Neulich sagte ein Bekannter zu mir: „Ich find das ja gut mit deinem Blog. Dass du drüber schreibst, über deine dunkeln Phasen. Weil …“ – und jetzt kommt der entscheidende Teil – „… da ist ja auch viel Hoffnung drin und positive Gedanken.“  Aha. Das ist die Essenz der Wahrnehmung und Reaktion von außen, wie ich sie empfinde. Klar darf ich über meine Gefühle schreiben, auch über die schlimmen und schwarzen, aber bitte mit Kampfgeist und Hoffnung. Und positiv. Alles andere ist Jammern, Selbstmitleid, auf jeden Fall nicht zielführend.

Leute, das ist genauso stigmatisierend wie gar nicht drüber schreiben zu dürfen. Eigentlich noch schlimmer. Weil es nichts anderes bedeutet, als dass ich mich für meine dunklen Tage und Gedanken schämen muss, außer ich kämpfe mich erfolgreich aus ihnen heraus. Und das berührt genau den Kern der Sache: Ich werde nur geschätzt, „geliebt“, wenn ich etwas tue. Niemals für das, was ich bin. Und auch nicht trotzdem.

 

 

Schnipsel. Unter Wasser.

Der Anlass war nicht ohne. Aber er war dennoch nur ein Anlass, kein Grund. Zunächst habe ich mich noch ganz gut gehalten, über Wasser, bin auf einem schmalen, schwankenden, aber tragenden Steg darüber balanciert. Passenderweise war ich in Hamburg und habe auf einem Segelschiff übernachtet.

Ich habe gearbeitet und bin danach stundenlang und fast 15 Kilometer durch die Stadt gelaufen. Habe fotografiert. Habe geweint und genossen. Versucht, diesen Streifzug mit mir alleine zu genießen. Was gelang.

Eine kurze Tränenpause auf dem Schiff. Dann ein Abendessen und ein paar Gin Tonics mit einem Twitter-Bekannten, ein Blind Date, das sich als sehr angenehm und gleichzeitig alles andere als oberflächlich herausstellte – sechs Stunden Entspannung.

Am nächsten Tag im Zug war ich froh, dass die Sonne schien, ich meine Sonnenbrille tragen konnte und die mütterliche Dame mir gegenüber sich dann doch nicht traute, zu fragen, ob es mir gut ginge.

Das ist auch so eine Sache, wenn es mich unter Wasser zieht: Ich hoffe inständig, dass mich niemand fragt, was los ist, und gleichzeitig schreie ich innerlich: Warum hilft mir keiner? Ich stoße die Menschen weg, die mir helfen könnten, weil ich Angst vor ihrer Sorge und ihrem Mitleid habe. Sorge und Mitleid sind keine Liebe.

Es wird wieder besser werden. Es wird Frühling werden, draußen und drinnen, ich werde überleben, leben, lachen, mich freuen, mir werden Dinge gelingen.

Nur die Liebe fehlt.

 

Der 7. Geburtstag

Ich schreibe nichts wirklich Privates mehr über meine Kinder, seit sie größer sind. Fotos von ihnen (deren Veröffentlichung sie immer explizit zustimmen) im Internet finde ich persönlich nicht weiter tragisch, aber mit den Geschichten ist es was anderes.

Dennoch kann ich über den 22. März schreiben – es ist nämlich nicht nur der Geburtstag meines Jüngsten, sondern auch mein siebter Geburtstag. Heute vor sieben Jahren wäre beinahe alles schief gegangen. So eine Geburt kann auch im 21. Jahrhundert noch gewaltig und vor allem gefährlich sein. Zustand nach sectio, heftigste Wehen, zu wenig Hebammen (!), eine zum Glück nur halbseitig wirkende PDA und der rettende Zufall, dass der Oberarzt just in dem Moment auf dem Weg in seinen Feierabend noch mal im Kreißsaal vorbeischaute, als die alte Kaiserschnittnarbe in der Gebärmutter aufriss. Ohne ihn würden weder mein Sohn noch ich heute diesen Tag feiern.

In diesem Sinne bin ich heute vor allem dankbar: Für glückliche Zufälle, schnell handelnde Menschen, eine große Portion Glück und natürlich für das wunderbare, lustige, freche, anstrengende, verschmuste, schlaue, unordentliche Kind, das mich fast mein Leben gekostet hätte und es nun jeden Tag auf unbeschreibliche Art und Weise bereichert.

Prost!

Hello darkness, my old friend

Ihr habt es vielleicht bemerkt: Ich spreche nicht von einer Depression. Nicht, weil ich mich dafür schämen würde oder nicht zu den Depressiven gehören möchte. Sondern, weil ich mir keine klinische Depression anmaßen will. Meine dunklen Phasen sind dafür zu „schnell“ vorbei. Zwei, höchstens drei Wochen, dann wird’s von selbst wieder besser oder dadurch, dass ich etwas dagegen tue. Allein, dass ich dazu in der Lage bin, bisher immer, zeigt mir, dass ich ein minderschwerer Fall bin. Zum Glück.

Mit ein bisschen Abstand kann ich mich mit meiner Dunkelheit sogar anfreunden. Sie ist nicht nur schlecht, schlimm, negativ. Wenn die Talsohle oder der schwarze Tunnel erstmal verlassen ist oder Licht in ihn dringt, kann ich der Dunkelheit Positives abgewinnen (etwas, das im Tunnel nicht nur unmöglich ist, sondern auch unmöglich erscheint, da kann der Kopf noch so sicher wissen, dass das nicht stimmt).

Was also soll positiv sein an einer dunklen Phase, die mich halb bis ganz aus meinem Leben wirft, in der ich mich wie unter Wasser fühle, mich nicht freuen kann und die Welt ihre Farben verliert?

  1. Es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt. Der Moment, in dem ich merke, dass es aufwärts geht. Wenn ich zum ersten Mal seit langem wieder glücklich bin, aus vollem Herzen lache, mich freue, die Erinnerung an die dunklen Tage aber noch sehr präsent ist. Diese Momente verleihen mir eine große Kraft. Und auch ein bisschen Stolz darauf, es rausgeschafft zu haben. Nicht aufgegeben zu haben.
  2. Die dunklen Phasen öffnen Türen. Und zwar, wenn ich darüber spreche. Oder schreibe. Ehrlich bin.
  3. Meine Dunkelheit zeigt mir, wer ich bin und was wichtig ist. Wenn ich nur gegen das Dunkle kämpfe, wild um mich schlage, kann ich es nicht besiegen. Und wenn, dann nur zum Preis der totalen Erschöpfung. Ich bin kein Kämpfertyp. Was nicht heißt, dass ich schwach bin, aber ich will das Leben einfach nicht als Kampf sehen. Und wenn die Dunkelheit schon mein Feind ist, dann will ich mir sie lieber zur Freundin machen, meine Neigung in ihre Richtung akzeptieren als Zug meines Charakters.

Im Moment habe ich mich mit meiner dunklen Seite angefreundet. Sie scheint zufrieden, ist zwar nicht verschwunden, hat sich nicht in Licht aufgelöst, sitzt aber ruhig in ihrer Ecke und zieht mich nicht in ihre Arme. Sie lässt mich leben, machen, freuen, lieben, lachen und in Ruhe.

So könnte es bleiben. Wird es nicht, aber wenn es wieder dunkel wird, wird es danach auch wieder hell. Und Sonnenaufgänge mag ich eh lieber als Sonnenuntergänge.

sunrise

Leichte Schwermut

2018 ist mein Jahr des Schreibens. Es begann Ende 2017 mit einem Artikel für ein Brigitte-Dossier und redaktionellen Texten für München.de. Letztes Wochenende war ich in Berlin bei einem intensiven Plot-Workshop, in dem ich ganz konkret den Bauplan für meinen achten Roman entwickeln konnte. Natürlich mache ich auch noch Fotos, ich liebe die Fotografie, aber ich werde weniger Hochzeiten begleiten.

Da liegt es auf der Hand, dass ich auch wieder blogge. Und zwar über ein Thema, über das mittlerweile viel geschrieben wird, zum Glück, was es mir jedoch nicht leichter macht, meine persönlichen Erfahrungen damit öffentlich zu machen. Groß ist meine Angst vor Stigmatisierung und davor, keine Aufträge mehr zu bekommen und alles noch viel schlimmer zu machen, weil auch noch das berufliche und finanzielle Desaster droht. Trotzdem werde ich es tun: Ich schreibe über meine dunkle Seite.

„Leichte Schwermut“, so heißt dieses Blog, und zwar schon seit vielen Jahren und nicht ohne Grund. Ein hübsches Oxymoron. Aber das ist nicht alles. Es stecken Mut drin, Schwere und Leichtigkeit. Denn die dunklen Tage und Wochen fordern viel Mut, um nicht aufzugeben, die Schwere drückt mich oft im wahrsten Sinne des Wortes zu Boden, aber es gibt auch Leichtigkeit. Für einen kurzen Moment, selbst während der schwärzesten Bleitage. Für ein paar Stunden. Und für länger, wenn eine Phase vorbei ist und das Leben, das ich so liebe, wieder mir gehört und ich ihm.

Es soll aber nicht nur um die dunklen Tage gehen. Auf Twitter gibt es den Hashtag #notjustsad, und der trifft es in zweifacher Weise. Man ist nicht nur traurig. Es ist leider viel schlimmer. Traurig sein ist normal, es gehört zum Leben, ohne Traurigkeit gibt es auch keine Fröhlichkeit. Traurig sein lässt einen das Glück mehr schätzen, es zeigt einem Mängel und wunde Stellen auf, manchmal auch einfach, was und wer einem wichtig ist. Tränen heilen und bauen Spannung ab. Man ist aber als Mensch, der weiß, was eine Depression ist, auch nicht zwangsläufig die ganze Zeit traurig, selbst während einer akuten Phase nicht. Zumindest bin ich das nicht. Ich kann sogar lachen und echtes Glück empfinden, auch wenn diese positiven Momente meistens schnell wieder von der Schwermut überrollt werden. Die guten Augenblicke während einer dunklen Phase sind wie Schlaglichter, die kurz Licht ins Dunkel bringen, Erinnerungen an bessere Tage und manchmal sogar von der Hoffnung begleitet, dass sie irgendwann wiederkommen.

Allerdings ist Hoffnung in einer akuten Phase leider Mangelware. Oder man traut ihr nicht. Ich fühle mich dabei wie unter Wasser. Dickflüssigem Wasser. Ich schnappe nach Luft, aber ich kann nicht richtig atmen. Jeder Atemzug stellt eine Anstrengung dar. Ganz zu schweigen von den ganzen normalen Tätigkeiten, die der Alltag mit sich bringt. Alles ist gedämpft, verlangsamt, aber nicht angenehm und beruhigend, sondern auf eine erschreckende Weise zäh und verzerrt. Das Licht dringt nur gefiltert durch die trübe Flüssigkeit. Ich bin abgeschlossen von der Außenwelt und den anderen Menschen. Ich sehe, dass über der Wasseroberfläche das Leben weitergeht. Das Leben, an dem ich gerade noch teilgenommen habe, ganz selbstverständlich, mit all seinen Höhen und Tiefen, Geraden und Kurven. Etwas zieht mich unter Wasser und hält mich dort fest. Ich versuche zu rufen, auf mich aufmerksam zu machen, aber es kommt kein Ton über meine Lippen. Das Atmen kostet so viel Kraft, simples Atmen, dass keine übrig bleibt, um mich freizustrampeln und nach oben zu schwimmen, aufzutauchen.

Ich bin ein reflektierter Mensch. Ich habe viel gelesen, ich weiß viel, ich verstehe auch einiges. Ich bin intelligent. Und gerade deswegen lässt es mich so verzweifeln, dass es meine Gedanken sind, mein Kopf, der die Macht über mein Fühlen und damit mein Ich hat. Meine Gedanken lügen mich an. Sie erzählen mir Bullshit. Sie sagen, dass ich nichts wert bin, nichts kann, nichts schaffe, nicht geliebt werden kann. Der Beweis dafür, dass sie recht haben – obwohl ich weiß, dass dem nicht so ist – ist deutlich: Ich bin unter Wasser, ich bin abgeschottet von den anderen, isoliert, ich schaffe nichts, weil mich das Atmen schon erschöpft, und ich spiele den Menschen, die mich lieben, etwas vor oder schicke sie weg. Als Folge davon lieben sie mich entweder nur so, wie ich (gerade) nicht bin oder sie sind weg, lieben mich also gar nicht. Der Beweis für die Richtigkeit der falschen Gedanken. So einfach ist das alles und so teuflisch. Und dabei so vertraut.

Wie komme ich da nun wieder raus? Die gute Nachricht: Bisher ist es mir immer irgendwie gelungen. Entweder durch die Zeit, die in diesem Fall für mich spielte: Irgendwann wurde es von selbst wieder besser. Oder mit der Hilfe von Sport, Gesprächen, Zeit im Wald und durch meine Kinder, die nichts von mir verlangen und mir zeigen, was Lebensfreude ist. Einmal bestand das Ende einer schlimmen Phase auch aus drei Bier in der Sonne eines Brooklyner BBQs, einem darauf folgenden langen Spaziergang mit einem alkoholbedingt endlich mal offenen Gespräch mit einer guten Freundin. Ab da ging es wieder bergauf. Bis zum nächsten Tief, nur vier Monate später.

Leider ist es nicht immer so einfach. Aufgeben ist keine Option, ich bin Mutter. Ich glaube, dass das Schreiben mir hilft, und wenn es vielleicht dabei nur einem anderen Menschen hilft, ist schon etwas gewonnen. Und schließlich: 2018 ist mein Jahr des Schreibens. 

 

 

Diese unstillbare Sehnsucht

„Der sensible Mensch leidet nicht aus diesem oder jenem Grunde, sondern ganz allein, weil nichts auf der Welt seine Sehnsucht stillen kann.“

Schon als Kind notierte ich mir diese Worte von Jean-Paul Sartre in einem meiner vielen Bücher. Und erlebte beim Lesen dieser Zeilen einen der wenigen Momente, in denen ich mich verstanden fühlte.

In diesem Text geht es um die Sehnsucht – und um Depressionen. Anlass, ihn zu schreiben, ist der Suizid von Chester Bennington, der sein Leben am Geburtstag seines Freundes Chris Cornell beendete, der sich kurze Zeit vorher ebenfalls umgebracht hatte. Zudem jährt sich am kommenden Dienstag, den 25. Juli, der Tag, an dem Johannes Korten seinem Leben ein Ende setzte. Für mich nach wie vor traumatisch. Ich las morgens als eine der ersten seinen letzten Tweet mit Link zum letzten Blogeintrag und bangte noch bis zum Nachmittag mit vielen anderen um sein Leben, vergeblich. Und ich hatte das Gefühl, ihn ein wenig zu kennen, weil ich ab und zu mit ihm geschrieben hatte, wenn wir uns auch nie persönlich begegnet waren.

Der Medienkodex, so wenig wie möglich über Suizide zu schreiben, hat seine Berechtigung, der Werther-Effekt ist bekannt. Und natürlich triggern Berichte. Aber es ist wichtig, darüber zu sprechen, was VOR dem Suizid liegt. Über Depressionen, und zwar in all ihren Millionen von Ausprägungen, von Melancholie und Stimmungsschwankungen und depressive Episoden über postpartale Depressionen, über stoffwechselbedingte und durch Traumata ausgelöste Depressionen bis hin zu schwersten Ausprägungen, die akut lebensgefährlich sind wie eine Hirnblutung oder Krebs im Endstadium.

Über das allermeiste kann ich nichts schreiben, weil ich es nicht kenne. Aber ich kann über mich schreiben und über meine Geschichte. Meiner ganz persönlichen Erfahrung mit dem Thema ein Gesicht geben. Auf die Gefahr hin, dass ich in Zukunft als schwach wahrgenommen werde, als labil, vielleicht als Drama Queen, dass ich keine Aufträge mehr bekomme und man mir aus dem Weg geht, weil ich zu anstrengend bin. Sei’s drum.

Ich war schon als Kind „irgendwie anders“. Mit wahnsinnig viel Innenleben und von Anfang an dem Versuch, das Außenleben so anzupassen, dass das nicht auffiel. Und schon damals hatte das Ganze gute und nicht so gute Seiten. Auf der einen Seite eine unerschöpfbare Fantasie und die Fähigkeit, mich stundenlang selbst zu beschäftigen. Auf der anderen Seite das Attribut „Mimose“ und das Gefühl, allein zu sein.

wald

Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, verbrachte ich Teile der Sommerferien oft bei meinen Großeltern, die direkt am Wald wohnten. Stundenlang streifte ich alleine durch diesen Wald, bei Sonne und bei Regen, und saß oft sehr lange in oder unter einem Baum, in meine Geschichten versunken, ohne irgendein Spielzeug dafür zu brauchen. Manchmal gestaltete ich kleine Welten aus Moos, Blättern und Stöcken, aber meistens machte ich nach außen hin gar nichts und alles fand nur in meinem Kopf statt. Es waren reiche Tage.
Irgendwann nahm ich meine beste Freundin mit auf einen meiner Waldstreifzüge. Ich wollte ihr meine Plätze zeigen und meine Geschichten erzählen, aber sie konnte das nicht verstehen – wie auch?, das weiß ich heute. Ich sehe und höre es heute noch, wie sie mich mit großen Augen ansah und fragte: Und was spielen wir jetzt hier?

Ich liebte lange Autofahrten, Besuche von klassischen Konzerten, Spaziergänge auf dem Land und verregnete Sonntage. Hatte lange Zeit einen imaginären, unsichtbaren Freund, der in einer Streichholzschachtel schlief und mich überallhin begleitete, bis ich ihn eines Tages radikal abschaffte, weil ich Angst hatte, nicht normal zu sein. War ich ja auch nicht.

Und wie ist das heute, als Erwachsene, mit 41 Jahren? Bis vor kurzem fand ich es anmaßend, davon auszugehen, dass ich „anders“ oder gar „mehr“ fühle als die meisten Menschen. Aber vielleicht ist es wirklich so.

Jedes Gefühl ist sehr intensiv. Körperlich spürbar. Freude, Angst, Liebe, Zweifel, Wut, Traurigkeit, Verzweiflung, Glück, Fröhlichkeit, you name it. „Ein bisschen“ gibt es nicht. Lauwarm geht nicht. Die Angst raubt den Atem, das Glück ebenso, Kritik ist immer persönlich. Ich spüre Stimmungen anderer Menschen, meistens liege ich damit richtig, schwierig wird es in der schriftlichen Kommunikation mit ihren vielen Möglichkeiten des Missverständnisses, mit dem Fehlen der Direktheit. Die Tränen kommen leicht, aus den unterschiedlichsten Gründen. Natürlich lernt man früh, sie zu unterdrücken. Und beim Duschen zu weinen.

Und in und über allem liegt diese unstillbare Sehnsucht. Johann Gottlieb Fichte nennt sie den „Trieb, mit dem Unvergänglichen vereinigt zu werden und zu verschmelzen“, und das trifft es schon ganz gut. Ich habe nie mit Drogen experimentiert, weil ich weiß, dass sie eine große Gefahr für mich wären. Alkohol reicht. Und ist Gefahr genug. Denn er schafft es, diese Sehnsucht für kurze Zeit abzuschalten und mal so zu sein, wie man gerne auch nüchtern wäre: Unbeschwert, ohne Sehnsucht, einfach fröhlich ohne diesen bittersüßen Beigeschmack, der durch das Wissen um die Vergänglichkeit des Moments entsteht.

Das Leben im Moment, der Genuss, das ganz bei sich sein – pures Glück – das gibt es trotzdem. Was wie ein Widerspruch klingt, ist keiner, denn wenn ich es schaffe, wirklich im Hier und Jetzt zu sein, gibt es keine Vergänglichkeit, dann ist dieser Moment unendlich. Es geht. Manchmal. Beim Schreiben, beim Fotografieren, beim Zusammensein mit bestimmten Menschen, bei der Liebe, in der Natur, beim Sport. Dann schweigt die Sehnsucht für kurze Zeit, ist für einen kurzen Augenblick sogar erfüllt. Aber sie kommt wieder. Und das ist auch gut so.

Was hat das jetzt alles mit dem Thema Depression zu tun?

Vorab: Ich bin nicht depressiv. Anders gesagt: Ich war noch nie in Behandlung, habe bis auf eine halbe Tavor noch nie Psychopharmaka genommen und bin aus allen depressiven Episoden entweder selbst wieder herausgekommen oder – einmal – durch die Hilfe eines Heilpraktikers. Ich habe großes Glück, dass meine Erfahrungen mit Depressionen bisher keine professionelle Behandlung erfordert haben. Aber ich meine, die Gefühle zu kennen. Beziehungsweise: Das Fehlen von Gefühlen.

Das ist nämlich auch eine Seite der hohen Sensitivität. So intensiv alle Gefühle sind, es gibt Phasen, in denen sie von heute auf morgen weg sind. Und ersetzt werden durch ein Nicht-Gefühl der absoluten Sinnlosigkeit jeglichen Denkens und Handelns. Auf einmal sind die Farben, die gestern noch so intensiv waren, dass man sie zu hören und zu riechen glaubte, weg und ein Monochrom-Filter legt sich über die Welt. Alles wird schwer, zäh, anstrengend. Morgens aufzustehen ist der erste Kraftakt des Tages, und wenn ich es nicht müsste, würde ich es einfach lassen. Abends wird es etwas besser, aber sobald man ins Bett geht, fängt alles von vorne an. Dieses Nicht-Fühlen ist schlimmer als das ängstlichste, zweifelndste oder traurigste Viel-Fühlen. Und es gibt ja das Wissen um und die Erinnerung an das Fühlen, das Leben. Was aber in diesen Momenten unerreichbar und unwiederbringlich verloren erscheint.

Möglicherweise entstehen diese Phasen auch dadurch, dass man von klein auf beigebracht bekommt, man möge seine Gefühle doch bitte in den Griff kriegen. Nicht immer gleich heulen, nicht so launisch sein, nicht so dramatisch, nicht alles so ernst nehmen, lernen, mit Kritik umzugehen, sich eine dickere Haut zulegen (wie oft ich das schön gehört habe!), weniger labil sein, nicht überall Gespenster sehen und doch bitte etwas optimistischer sein. Man soll anders werden, anders sein, als man ist. Oder aber die Variante: Du brauchst das Drama halt, schließlich bist du eine Künstlerin, kreativ, das gehört wohl dazu. Das trifft es nicht, und es stimmt einfach nicht. Ja, Kreativität entsteht aus intensivem Fühlen, weil Schreiben, Musik machen, Malen oder Gestalten Möglichkeiten sind, diese Gefühle zu zeigen. Aber der Künstler erzeugt und kultiviert nicht das „Drama“, um einer sein zu können.

Man ist nicht kompatibel. Man soll anders sein, als man ist, oder zumindest so tun als ob. Eigentlich logisch, dass daraus Depressionen entstehen können, oder?

In den letzten Jahren liest man viel über das Thema „Hochsensibilität“, wobei dem Ganzen dabei immer das Etikett einer Störung anhaftet, das eines nicht-normal-Seins. Letzteres stimmt ja auch – wenn die Norm eben die ist, dass mehr Menschen weniger intensiv fühlen als die, die besonders stark fühlen. Ist es deswegen pathologisch? Müssen sich besonders empfindsame Menschen mit anderen besonders empfindsamen Menschen zusammentun, um sich in ihrer Gruppe, ihrer Minderheit, verstanden zu fühlen, und nach außen hin so tun, als seien sie „normal“?

Ich denke nicht. Ich schreibe darüber, nicht, weil ich einen Sonderstatus beanspruchen will oder gar meine, etwas Besonderes zu sein. Ich bin halt so, wie ich bin, das hat Vor- und Nachteile. Aber wenn meine Tochter, die mir in der Hinsicht sehr ähnlich ist, in der Schule gesagt bekommt, dass sie lernen soll, nicht mehr zu weinen, geht das in die falsche Richtung. Warum darf das Kind nicht weinen, wenn eine Situation es überfordert oder die Gefühle einfach raus müssen? Warum darf es sie nicht zeigen? Ist es nicht so, dass eher die anderen, die nicht so zart besaitet sind, lernen sollten, ihr Weinen zu akzeptieren und nicht als generelle Schwäche zu betrachten?

Wie soll ein Mensch lernen, sich selbst zu lieben – als Basis für ein glückliches Leben – wenn er sich von Anfang an nicht nur anders, sondern „falsch“ fühlt, auf dem falschen Planeten, nicht normal, nicht kompatibel?

Man muss darüber reden und schreiben. Trotz Angst, trotz Scham, gegen die Angst, gegen die Scham. Genauso, wie über Depressionen gesprochen werden muss, in all ihren verschiedenen Formen und Ausprägungen. Das Risiko ist da – Menschen werden sich abwenden, einige mich belächeln, ob offen oder heimlich. Aber es wird auch viele geben, die sich verstanden fühlen. Die sie auch spüren, diese unstillbare Sehnsucht, die in und über allem liegt, manchmal süß, manchmal bitter, wie das Leben eben.

20 facts about me

Gesehen u.a. bei Werden und Sein, Berlin Mitte Mom und Mama arbeitet. Klar, selbstverliebte Autorin, die ich bin, muss ich da mitmachen, auch wenn ich ja eigentlich aus persönlichen Gründen nicht mehr blogge.

Bitteschön.

20 facts about me

1. Meine ersten Eindrücke von dieser Welt waren laut meiner Mutter der Duft nach Hendl und gebrannten Mandeln, Blasmusik und die Rekommandeure der Fahrgeschäfte auf der Wiesn 1975. Möglich ist es, denn mein Geburtsort liegt nur ein paar hundert Meter von der Theresienwiese entfernt.

2. Als Kind dachte ich immer, dass die Bands, die man auf Bayern 3 hörte, live im Funkhaus auftraten.

3. Ich leide unter Coulrophobie.

4. Eine meiner ersten Erinnerungen hat mein Leben geprägt: Im Kindergarten ließ ich einen winzigen, lilafarbenen Baustein mitgehen, in den ich mich verliebt hatte. Nach einer gewissensbedingt schlaflosen Nacht schaffte ich es, ihn am nächsten Tag unbemerkt wieder in die Bauklotzkiste zu schmuggeln. Seitdem habe ich nie wieder etwas mitgenommen, ohne zu fragen. Na ja, bis auf das Trinkglas von Gosch Sylt neulich, aber da war keiner mehr, den ich hätte fragen können.

5. Wenn ich Texte höre oder mich unterhalte, sehe ich jedes einzelne Wort geschrieben vor meinem inneren Auge. Wenn ich ein Wort und seine Schreibweise mal nicht kenne, muss ich es so schnell wie möglich nachschlagen.

6. Ich mag keine Überraschungen.

7. Zum Ausrechnen von Prozentsätzen brauche ich den Prozentrechner im Internet.

8. Ich wusste schon immer, dass mein erstes Kind ein Mädchen sein würde, denn meine Tochter erschien schon Jahre vor ihrer Geburt in meinen Träumen.

9. Ich besitze keine Vollformatkamera (pssssst!), dafür aber zehn sehr hochwertige Objektive.

10. In meinem früheren Leben war ich mal ein Schaf unter einem griechischen Olivenbaum.

11. Mein erster Roman entstand aus einem Blog, nur, dass es damals (2001) noch gar keine Blogs gab.

12. Auf einer Autofahrt nach Nürnberg habe ich mal Schillers Bürgschaft auswendig gelernt, von einem Zettel auf dem Lenkrad.

13. Irgendwann werde ich mal ein Jahr oder länger in Australien leben.

14. Meine erste große Liebe war 31, ich war 16. Und es war Sommer.

15. Ich verehre Coldplay – seit 2001. „In My Place“ hörte ich damals zum ersten Mal im Autoradio in den schottischen Highlands, und als hinter einer Kurve der Empfang abbrach, fing ich an zu heulen.

16. Meine Berufswünsche als Kind waren: Schriftstellerin und Fotografin.

17. Ich war noch nie in meinem Leben im Solarium oder Sonnenstudio.

18. Ich habe vor genau 20 Jahren meine erste große Liebe zufällig in Berlin auf der Straße getroffen, obwohl ich nicht mal das Stadtviertel, in dem der Mann wohnte, betrat und er nichts von meiner Anwesenheit wusste.

19. Ich habe einen großen Freundeskreis, war aber noch nie Trauzeugin oder Patin für ein Kind.

20. Hängt eventuell mit Punkt 19 zusammen: große Nähe ertrage ich nur schwer, ich brauche eine gewisse Distanz und meine Freiheit.

Liebe Linda! [Ein alter Text aus dem Juli 2009]

 

Linda

In wenigen Tagen wirst Du ein Jahr alt. Zeit für ein kleines Resümee. Ich schreibe meinen Rückblick schon heute, nicht an Deinem ersten Geburtstag. Sonst wird er zu rührselig.

Linda alias Gulliwum, das Baby, kleiner Frosch.

Ich weiß noch, dass ich am 26. Juli 2008 nach Nürnberg auf eine Party fahren wollte, obwohl der 27. Dein errechneter Geburtstermin war. „Die kommt eh nicht vor August“, war stets meine Aussage. Als Alternative zur Party stand das Feuerwerk im Olympiapark in meinem Terminkalender. Noch am 25. Juli fuhr ich 20 Kilometer mit dem Fahrrad quer durch München.

Am frühen Sonntagmorgen, dem 27. Juli 2008, einem perfekten Sommertag, dann: Du. Ich hörte Dein Schreien, das eher empört denn leidend klang. Und obwohl ich Deine Stimme nie zuvor vernommen hatte, erkannte ich sie sofort. Keine Verwechslung möglich. Die Hebamme sagte: „Schauen Sie mal, was sie schon für tolle Wimpern hat!“ Und ich schaute. Und schaute. Und heulte. Und wurde bewusstlos. Nicht vor Glück, sondern wegen eines Kreislaufzusammenbruchs. Was aber aufs Gleiche herauskam.

Fünf Tage später trug ich Dich zu Fuß nach Hause und fand das so wahnsinnig romantisch. Mein Baby musste nicht mit ein paar Tagen in einen MaxiCosi und ein stickiges Auto, es wurde auf Händen getragen.

Du hast eigentlich alles verschlafen. Unser vorsichtiges um-Dich-herumtappen, meine Aufgeregtheit, das staunende „Schau mal, in unserem Wohnzimmer liegt ein Baby“ Deines Vaters, den ersten Besuch aus der Schweiz und sogar die Nachsorgehebamme.

Alle drei bis vier Stunden piepte mein Handy und ich weckte Dich, um Dich zu stillen und zu wickeln. Wickeln, Stillen, Schlafen, mehr gab es nicht in diesen ersten Tagen. Und Olympia in Peking. Ich gewöhnte mir an, Dich auf dem roten Sofa im Liegen zu stillen und guckte dabei Tontaubenschießen und Synchronschwimmen.

Wenn ich so weiterschreibe, wird das Ganze mein neuer Roman, also überspringe ich ein paar Wochen, Monate, Brustentzündungen und vollgekackte Windeln.

Nun bist Du also fast ein Jahr alt. Du hast blonde Locken, blaue Augen, die leicht schräg geschwungen sind, ein Näschen, das feiner ist als meines je war und einen entzückenden kleinen Mund, der momentan hauptsächlich „da, da!“ sagt oder aufgeregt flüstert, wenn Du wieder etwas entdeckt hast. Du kannst feuchte Küsschen geben, mit den Lippen blubbern und prusten, winken, die Arme nach oben reißen, auf siebzehn verschiedene Arten lachen, von flirtend bis dreckig, gackern wie ein Huhn, dicke Tränen weinen. Du kannst turbokrabbeln, klettern und purzeln, dich überall hochziehen, an den Möbeln entlanglaufen. Du kannst versunken ins Spiel im Sandkasten sitzen oder auf Deinem Hochstuhl herumzappeln, dass Dein Vater Mühe hat, Deinen Mund mit dem Löffel voll Milchbrei zu treffen.

Du probierst alles Essbare und magst fast alles. Wenn eine Erdbeere noch zu sauer ist, schüttelt es Deinen ganzen kleinen Körper, und Du lachst, wenn ich darüber lache.

Du bist anders als andere Babys. Du steckst ganz, ganz selten etwas in den Mund, stattdessen befühlst Du alles mit Deinen kleinen Händen, die gebräunt sind von Sonne und dem Schmutz des Tages. Du badest nicht gerne, und unsere Nachbarn müssen denken, dass wir zweimal die Woche versuchen, Dich zu häuten. Wenn man Dir ein Stück Breze in die Hand gibt, drehst und knetest Du es, gibst es von einer Hand in die andere und guckst es Dir ganz genau an. Auf die Idee, es zu essen, kommst Du erstmal nicht. Du magst auch keinen Schnuller und hast ihn von Anfang an angeekelt ausgespuckt.

Du kannst den Kopf schütteln, aber nicht nicken. Du hast schon zwölf Zähne. Du kannst Deine Trinkflasche sehr gut selbst halten, bist aber zu faul dazu.

Du bist furchtbar kitzlig, besonders unter den Armen. Wenn man Dich dort anfasst, lachst Du ein spezielles Deiner siebzehn Lachen, Dein Kitzellachen, und man merkt, dass Du das eigentlich gar nicht so lustig findest.

Wenn Du etwas nicht bekommst, kannst Du sehr schnell sehr laut werden, und wenn Dir das Windel anziehen zu lange dauert und Du Dich umdrehst, reicht meine Kraft kaum aus, um Deine 70 Zentimeter und 7,4 Kilo festzuhalten.

Du wirst langsam zu groß und zu schwer für die Fliegerhaltung auf Papas Arm, aber keiner von Euch beiden möchte sich davon trennen. Er trägt Dich immer noch so, wenn Du müde bist, und Du schläfst dabei immer noch gerne ein.

Du hast Angst vor dem Staubsauger, kämpfst aber mutig gegen ihn.

Du verstehst das Wort „Nein“ und seine Bedeutung, aber sie ist Dir völlig egal. Du magst nicht kuscheln und schmusen, Du magst lieber klettern, ringen und Dich auf mich werfen, glucksend und feuchte Küsse auf meinem T-Shirt hinterlassend. Du bist eifersüchtig, wenn ein anderes Kind auf meinem Arm ist, kommst dann mit ernstem Blick im Turbogang angekrabbelt und bist auf einmal extrem anschmiegsam.

Du bist mein ein, mein alles, mein überall, mein immer und mein nie wieder.
Du bist meine einzige Liebe, die keine Halbwertszeit kennt.

Für Dich würde ich mein Augenlicht, meine Arme und Beine und meine Seele verkaufen. Die Angst, Dich zu verlieren, ist allgegenwärtig, aber gut verschnürt. Wenn ich sie freilassen würde, könnte ich nicht mehr atmen.

Am Anfang habe ich Dich geliebt, wie eine Mutter ihr Baby liebt: Unwissend, instinktiv, ungeschickt, unverhofft. Und manchmal hat mich der Gedanke, dass Du von nun an immer da sein würdest, auch belastet. Heute liebe ich nicht mehr nur das Baby, das wie ein kleines Tier ist, sondern den kleinen Menschen, der Du bist. Nicht weil Du so hübsch, klug, lustig und fröhlich bist, sondern weil Du bist.

Ich liebe Dich mit jeder Faser, in jedem Moment, auch wenn ich todmüde bin und Du nicht schlafen willst, auch wenn Du gerade herzhaft Deine Rotznase an meiner Couch abwischst, auch wenn Du interessiert in Deine volle Windel greifst, mir gleichzeitig gegen meine Narbe trittst („da, da!“) und ich fünf Hände bräuchte, um das Chaos in den Griff zu bekommen.

Liebe Linda, in zwölf Tagen bist Du schon ein Kleinkind. Ich kann es noch gar nicht glauben und nenne Dich bis dahin noch ganz oft Baby.

Und übrigens: Kleinkinder halten ihre Flasche selber!

Bestellt und geliefert

Momentan bestelle ich furchtbar viel. Das hängt mit dieser Vorweihnachtszeit zusammen. Früher, da waren es wirklich magische Wochen, von Ende November bis zum Heiligabend. Weihnachtslieder am Klavier üben, Zimt- und Ingwerduft im Haus, Heimlichkeiten überall, glitzernde Christkindlmärkte, Weihnachtsbäume zählen auf Autofahrten, Unmengen von Schnee, Krippenspiele und natürlich die spannende Frage, ob das Christkind wirklich die so sehr gewünschte Steiff-Katze bringen würde? Heute hingegen bestelle ich furchtbar viel. Weihnachtsgeschenke (wie habe ich das früher nur ohne Onlineshops gemacht?). Adventskalenderzutaten. Weihnachtskarten für meine Kunden. Weihnachtskarten für meine Eltern. Weihnachtskarten für mein Geschäft. Weihnachtskarten für mich.

Und kürzlich hat sich zwischen die ganzen Online-Proofs, Druckfreigaben und verbindlichen Auftragserteilungen eine ganz andere Bestellung geschummelt. Es war eher ein Wunsch: Der, wieder mehr zu schreiben. Zu bloggen, ja, das auch, Promotion-Texte zu verfassen, klar, aber eben auch, wieder Geschichten zu schreiben und nächstes Jahr einen Roman.

Und wissen Sie, was dann passierte? Noch am selben Tag bekam ich eine Mail von einer alten Freundin, die gerade in Italien lebt und ein Baby bekommen hat, weswegen sie einen Textauftrag nicht selbst annehmen kann. Sie fragte, ob sie mich empfehlen dürfe. Und eine Stunde später wollte eine andere liebe Freundin wissen, ob ich nicht Lust hätte, für München.de zu bloggen. Was für eine Frage! München.de! Gibt es ein Thema, das besser zu mir passt?

Ja, die Sache mit den Bestellungen beim Universum, die funktioniert. Ich habe nur noch nicht genau herausgefunden, wie. Vielleicht muss man sich etwas von Herzen, aber nicht fordernd, sondern eher sehnend wünschen, gepaart mit der nötigen Tatkraft, wenn sich dann eine Chance bietet. Vermutlich muss die Bestellung grundsätzlich realistisch sein, um zeitnah vom Universum umgesetzt zu werden.

Ja, ich weiß, darüber gibt es Bücher. Ich habe sie aber nicht gelesen, denn ich möchte gerne selbst herausbekommen, wie das alles funktioniert. Eines ist mir jetzt schon klar: Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung. Vertrauen in den Fluss des Lebens, in das Gute in den Menschen und nicht zuletzt in sich selbst.

In diesem Sinne: wünschen Sie sich was!

Untrügliche Anzeichen

Der Schlitten zieht sich jeden Tag schwerer, und auch den Hügel runter will er nicht mehr richtig fahren.

Das Kind beschwert sich lauthals, wenn ich es in den Schneeanzug stecke und ihm Wollmütze, Schal und Handschuhe anziehe.

Adventskalender sind günstig wie nie.

Das Schild am Nymphenburger Kanal, auf dem „Betreten der Eisfläche verboten“ stand, ist verschwunden.

Auf facebook tauchen vermehrt Gegenlichtbilder von vollen Bierkrügen auf.

Weniger als ein halbes Jahr bis zum Coldplay-Konzert.

Weihnachten heißt jetzt „Ostern“, der Rest bleibt fast gleich, die Blätterkrokantkugeln sind lediglich etwas elliptischer.

Die Trinktemperatur des Rotweins hat sich gedrittelt.

Ich verbringe mehr Zeit bei den Freunden (Hochparterre mit Gartenanteil) als in der eigenen Wohnung (1. Stock mit Balkon).

Ich werde melancholisch, wenn ich daran denke, dass der Sommer in einem halben Jahr schon wieder vorbei ist.

Das muss der Frühling sein!